In der Rubrik ‚Aktuelles‘ in meiner Homepage ist ein Interview aus der Rhein-Zeitung vom 09.04.2019 abgedruckt, das ich mit einem Journalisten führte. Dieses Interview will ich heute an manchen Stellen vertiefen.

Ich beginne mit einer kurzen Beschreibung der Situation des Priester-bzw. Pfarrernachwuchses in der katholischen und evangelischen Kirche in Deutschland.

Für die katholische Kirche in Deutschland
ist festzustellen, dass die Zahl junger Katholiken, die den Priesterberuf anstreben, seit Jahrzehnten sinkt.
Laut Bericht von Domradio.de vom 31.07.2020 bereiten sich etwa 200 Priesteramtskandidaten auf ihre Weihe vor – ein historischer Tiefstand.
Die meisten katholischen Theologiestudierenden wollen Lehrer werden.
Einer der Gründe ist der Zölibat, also das Versprechen, als Priester ehelos zu leben.

Die Protestantische Kirche
Auch die Protestanten leiden unter Pfarrermangel. 16 von 20 Landeskirchen können bis 2030 den Bedarf an Pfarrstellen nicht mehr decken.
Dem Priester-und Pfarrermangel steht der Vertrauensschwund vieler Menschen gegenüber. Die Kirchen
sind nicht mehr primäre Anlaufstelle für existentielle Fragen.

Die wenigsten Besucher einer Hochzeitsmesse planen eine kirchliche Trauung.
Immer mehr Menschen wenden sich von der Kirche ab. 2020 sind aus der evangelischen Kirche ca. 220.000 Menschen ausgetreten, aus der katholischen Kirche ca. 221.400 Menschen. Ein Grund besteht darin, dass viele Menschen die Kirche nicht mehr als vertrauenswürdige Glaubensgemeinschaft erfahren, in der man seinen Glauben lebt und feiert. Ein weiterer Grund liegt auch an den vielen Missbrauchsfällen, die in den letzten Jahren in beiden Großkirchen für Aufsehen, Empörung und Kirchenaustritten geführt haben.

Wer aber aus der Kirche austritt, kann trotzdem religiös sein.
Das Bedürfnis nach Ritualen in sogenannten Knotenpunkten des menschlichen Lebens wie Geburt, Hochzeit und Beerdigung ist nach wie vor ausgeprägt vorhanden.

Der Unterschied zu früher besteht allerdings darin, dass sich zunehmend viele Menschen mit diesen Bedürfnissen nicht mehr an die Kirchen wenden, sondern an konfessionsfreie Theologen oder freie Redner. Das liegt an dem Wunsch nach einem würdevollen und festlichen Rahmen, den viele Paare mitbestimmen wollen, den sie aber in der Kirche nicht gewährleistet sehen.